Digitale Währungen – die Zahlungsmittel der Zukunft?

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Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Tether, Binance Coin, Cardano, Ripple, Dodgecoin – die Liste der sogenannten Kryptowährungen liesse sich noch ewig weiterführen. Im Juni 2021 geht man von über 10’000 existierenden Kryptowährungen aus. Aber sind das überhaupt Währungen oder doch eher Anlageklassen?

Kryptowährungen – kann ich damit bezahlen?

Die Fachwelt ist sich noch nicht einig, aber tendenziell geht man davon aus, dass es sich bei Kryptowährungen um Anlageklassen handelt. Warum? Die aktuelle Ausgestaltung spricht eher für eine spekulative Anlageklasse – mit zugegebenermassen erheblichen Kursrisiken. Um diese massiven Schwankungen eindämmen zu können und die Funktionsfähigkeit als potenzielles Zahlungsmittel zu stärken, haben einige Fintechs beabsichtigt, sogenannte Stablecoins auszugeben, die fix an eine Währung oder einen Währungskorb gekoppelt sind. Das hat wiederum die Zentralbanken auf den Plan gerufen, die ihrerseits projektmässig intensiver an einer digitalisierten Form des Bargelds (CBDC = Central Bank Digital Currency) arbeiten, um die geldpolitische Hoheit zu verteidigen. Stand heute kann man also zusammengefasst sagen: Kryptowährungen sind noch kein gängiges Zahlungsinstrument.

Mobiles Zahlen ist nicht gleichzusetzen mit einem digitalen Zahlungsmittel

Einige werden argumentieren, dass mit den Möglichkeiten im E-Banking oder den vorhandenen elektronischen Zahlungsmitteln wie TWINT, Mobile Pay oder Wearable Pay doch bereits ein digitaler Zahlungskanal besteht und der Unterschied zum jetzt diskutierten digitalen Geld nicht klar ist. Hier gilt es herauszustreichen, dass alle elektronischen Transaktionen über ein Bankkonto laufen und faktisch nicht mit digitalem Geld gleichgesetzt werden können. Beim Kontoguthaben besteht tatsächlich ein Anspruch gegenüber der Hausbank, und elektronische Transaktionen vermindern oder erhöhen diesen Anspruch. Digitales Geld hingegen muss man sich als digitales Bargeld vorstellen. Wie bei einer Barzahlung wechselt das digitale Zahlungsmittel analog dem bekannten Zug-um-Zug-Geschäft unwiderruflich den Besitzer. Ganz offensichtlich wird dieser Unterschied bei einigen Geschäftsfällen, die nicht «unmittelbar» abgewickelt werden, wie beispielsweise dem Ausland-Zahlungsverkehr, Exporttransaktionen oder Wertschriftengeschäften. Bei diesen Geschäftsfällen werden Hilfskonstrukte für Sicherheiten eingesetzt oder Intermediäre zwischengeschaltet, da der Verkäufer nur indirekt und nicht wie beim Bargeld unmittelbar abgegolten wird. Hier bietet digitales Geld eine Alternative. Mit einer Koppelung über digitale Vertragswerke (sogenannte Smart Contracts) und der Verwendung digitaler Zahlungsmittel können unmittelbare Transaktionen vollzogen werden. Digitale Zahlungsmittel bieten auch Chancen für neue Geschäftsfälle, die neben den heute bekannten Möglichkeiten von Kauf, Miete und Leasing auch eine fixe temporäre Nutzung «pay-per-use» ermöglichen, wobei nur gerade die Nutzungsdauer errechnet und die Leistung direkt über das digitale Zahlungsmittel belastet wird.

Risiken und Vorbehalte gegenüber digitalen Währungen

Gegenüber digitalen Zahlungsmitteln und den neuen Möglichkeiten bestehen grössere Vorbehalte. So ist nicht sicher, dass autoritäre Staaten die Chance verstreichen lassen, eine noch striktere Überwachung der Bürger umzusetzen, und sogar die Möglichkeiten nutzen, unangepasste Bürger ganz vom Zahlungsverkehr abzuschneiden. Ebenfalls wäre es denkbar, dass Negativzinsen viel effektiver durchgesetzt werden können, wenn das Geld nur noch digital vorhanden ist. Deshalb machen sich viele Exponenten für einen Beibehalt von Bargeld als «geprägter Freiheit» stark. Eine digital ausgegebene Zentralbankwährung hat zudem systemische Risiken – besonders während einer Finanzkrise. So würden Kunden dazu übergehen, bei einer vermuteten Instabilität der Hausbank das Kontovermögen nicht einfach als Bargeld zu beziehen, sondern einfach in digitales Zentralbankgeld umzuwandeln, was als sicherer gilt. Das könnte einem Bank-Run Vorschub leisten und die Stabilität von bereits taumelnden Banken noch stärker gefährden. Auch die Refinanzierungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken könnten stark eingeschränkt sein und Kreditengpässe forcieren, falls Kundeneinlagen sich im grossen Stil zugunsten von digitalem Zentralbankgeld verschieben. Als Alternative müsste die Kreditversorgung durch die Zentralbanken erhöht werden. Das heutige Zusammenspiel zwischen Geschäftsbanken, der Nationalbank und den Kunden könnte sich vollkommen neu ausrichten. Ein Nichtstun birgt jedoch für die staatlichen Organe ebenfalls grosse Risiken. Sollten sich ausländische digitale Währungen aufgrund eines hohen Komforts in der Transaktionsabwicklung etablieren, drohen einheimische Währungshüter die Kontrolle über die Geldpolitik einzubüssen.

Aktueller Stand in den Ländern

Die Entwicklung in den verschiedenen Ländern ist unterschiedlich weit vorangeschritten, und auch inhaltlich unterscheiden sich die Projekte. So experimentieren manche Länder damit, auch Privatpersonen digitales Zentralbankgeld zur Verfügung zu stellen («retail CBDC»), andere verfolgen das Ziel, vor allem Transaktionen effizienter zu machen und digitales Geld nur im Bankenkreislauf zu halten (sogenannte «wholesale CBDC»).

In der Schweiz haben die SNB und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Kooperation mit der Digitalbörse SDX Abwicklungen von Börsentransaktionen unter Verwendung von digitalem Zentralbankgeld vollzogen (Projektname «Helvetia»). Die SNB legt jedoch Wert darauf, dass dies kein Präjudiz zur Einführung von digitalem Zentralbankgeld sei. Die EZB, die USA, Russland und Grossbritannien befassen sich ebenfalls mit dem Thema, wobei vor 2025 nicht mit einem digitalen Euro zu rechnen ist. Weit fortgeschritten und bereits in Praxistests befinden sich China und Schweden. In China wurden in Grossstädten weit über 100’000 Personen in Tests einbezogen, und auch Unternehmen werden eingebunden. Am weitesten sind die Bahamas, wo der staatlich ausgegebene Sand $ den Bürgern bereits zur Verfügung steht. Auch Thailand, Singapur, Hongkong, Kambodscha und Uruguay untersuchen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten.

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Martin Wipfli

Martin Wipfli

Martin Wipfli, Leiter Kompetenzzentrum Basis, ist seit 2016 bei der ZugerKB. Martin sorgt mit seinem Team dafür, dass Kundinnen und Kunden zeitgemässe Dienstleistungen erhalten. In seiner Freizeit ist er aktiv im Tischtennis, geniesst Ferien mit einigen Tauchgängen und lernt gerne fremde Kulturen kennen. Neben dem aktuellen Zeitgeschehen verfolgt er die internationalen Fussballligen mit grossem Interesse.


Kategorien: Zukunft
Tags: Bezahlen , Trends

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